Besuch bei Max Liebermann in Darmstadt

Am Freitag, den 7. Januar 2022, fuhr eine Gruppe von 30 Mitgliedern des Bürgervereins Meckenheim – unter Berücksichtigung aller notwendigen Regeln in dieser Covid 19- Pandemie – mit dem bewährten Bus-Unternehmen Jablonsky von Meckenheim nach Darmstadt, zum Hessischen Landesmuseum. Ziel der Reise, umsichtig wie immer organisiert von Frau Rotraut de Haas aus dem Vorstand des Bürgervereins, war die Ausstellung

„Ich. Max Liebermann. Ein Europäischer Künstler“.

 

Während der Fahrt durch den winterlichen Taunus gab der Verfasser dieser Zeilen, da er ab 1969 sieben Jahre als Kunsthistoriker an dem Darmstädter Museum gearbeitet hatte, eine kurze Einführung zur Geschichte und zu den Themen dieses Universalmuseums, das Kunst, Kulturgeschichte und Naturgeschichte unter seinem Dach vereinigt. Einige der Reisegäste erinnerten sich an einen ähnlichen Darmstadt-Besuch (mit der bedeutenden Künstlerkolonie aus dem Jugendstil, Mathildenhöhe, und dem Landesmuseum), den der Bürgerverein im Sommer 2005 angeboten hatte.

Ein guter  Grund für die Ausstellung Max Liebermann (Berlin 1847 – 1935) war dadurch für Darmstadt gegeben, dass der seit 2019 neue Direktor  des Landesmuseums, Dr. Martin Faass, vorher  das Berliner Liebermann-Museum in der Villa des Künstlers am Wannsee geleitet hatte.

Aufgeteilt in vier kleinere Gruppen wurden die Besucher aus dem Rheinland jeweils eine Stunde sachkundig durch die chronologisch, teils thematisch konzipierte Ausstellung geführt.

Max Liebermann hatte nach seinen Studienjahren in Weimar und München für seine Fortbildung den Weg nach Paris und Barbizon und dann in die Niederlande genommen, wo ihn außer Rembrandt insbesondere Franz Hals inspirierte.

Entsprechend begleiteten in der Ausstellung Liebermanns Werke jeweils passende und  impulsgebende Arbeiten niederländischer und französischer Maler (z. B. Millet, Corot, Manet und Monet), aber auch von dem Ungarn Munkascy. Deutlich wurde so Liebermanns Entwicklung vom Realismus der Frühzeit bis hin zu seiner Position als einer der herausragenden deutschen Impressionisten – neben Slevogt und Corinth. In Landschaftsbildern, Stillleben, Genreszenen und Porträts kam seine eindrucksvolle Kunst zur Geltung. Mit Motiven aus der Alltagswelt und dem Arbeitsleben (z. B. Näherinnen oder Szenen aus dem Amsterdamer Waisenhaus) aber auch aus dem Sport (Polospieler) gewann sein Schaffen ein ganz eigenes Gepräge, was Kaiser Wilhelm II. dazu veranlasste, diesen Künstler unter die „Gossenmaler“ zu zählen. 

Das Flüchtige der Licht- und Schattenflecken, was im französischen Impressionismus vorgegeben war, kam nun auch bei ihm zur Geltung. Durch die Freundschaft mit Alfred Lichtwark, dem Direktor der Hamburger Kunsthalle, ergab sich  das Bildnis des Hamburger Bürgermeisters wie außerdem die Anlage des Reformgartens bei der Villa am Wannsee. Eine Reihe von Gemälden in der Darmstädter Ausstellung verdankt sich der engen Naturbeziehung des Malers in seinem prächtigen Garten. Und in seiner Spätzeit berührt der gelöste Pinselduktus seiner Malerei quasi eine expressive  Ausdruckshaltung. 

Liebermanns Kunst war Anlass für viele Ehrungen: der Professorentitel, Präsident der Akademie und schließlich 1932 die Ehrenbürgerschaft der Reichshauptstadt. Doch als 1933 die Fackelzüge der braunen Horden durch die Stadt marschierten, konnte er nur drastisch feststellen: „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“

Als er 1935 starb, begleiteten drei Personen seinen Sarg: darunter der Mediziner Max Sauerbruch und der Kunsthistoriker Adolph Goldschmidt. So war damals das Ende eines deutschen Künstlers von Format. Sein Grab ist auf dem Jüdischen Friedhof ( Schönhauser Allee) in Berlin. 

Text: Dr. Hans M. Schmidt